Hinweis zum beschleunigten Streitbeilegungs- und Feststellungsverfahren
25.10.2021 – Vor rund einem Jahr erschien die vollständig überarbeitete und aktualisierte Neuauflage der Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten, die SOBau 2020. Mitte des laufenden Jahres gab es Bedenken gegen das beschleunigte Streitbeilegungs- und Feststellungsverfahren in Buch 4, Abschnitt 3. Dabei wurde vor allem die Bindungswirkung des vorläufigen Feststellungsentscheids (vgl. § 32 Abs. 2 der SOBau 2020) in Zweifel gezogen. Nachdem nun ein weiterer Aufsatz diese Zweifel nicht teilt, ist der Meinungsstand wieder offen. Daher haben wir besagten Abschnitt nun um einen Hinweis ergänzt.
Aktueller Hinweis in Buch 4, Abschnitt 3 der SOBau 2020
Jurgeleit (BauR 2021, 863) äußert gegen § 32 Abs. 2 des Buchs 4, der Teil dieses Abschnitts 3 ist, grundsätzliche Bedenken: Die Bindungswirkung könne bei Nichtbeachtung des vorläufigen Feststellungsentscheids Sanktionen mit tiefgreifenden materiell-rechtlichen Folgen nach sich ziehen, die nicht der Kontrolle durch staatliche Gerichte unterlägen. Dies beispielsweise, wenn die Nichtbeachtung des Feststellungsentscheids zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung führe. Da die Bindung selbst dann bestehe, wenn der vorläufige Feststellungsentscheid später aufgehoben werde, sei § 32 Abs. 2 des Buchs 4 nach § 134 BGB nichtig. Die Nichtigkeit führe nach
§ 139 BGB grundsätzlich zur Gesamtnichtigkeit der in Abschnitt 3 des Buchs 4 enthaltenen Regelung über das beschleunigte Streitbeilegungs- und Feststellungsverfahren.
Fuchs/Winterling (BauR 2021, 1353) vertreten eine andere Auffassung: Die Parteien strebten die kurzfristige und baubegleitende Lösung von Konfliktsituationen an. Abschnitt 3 des Buchs 4 entspreche einem von beiden Seiten ernsthaft empfundenen Bedürfnis, Eskalationen zu vermeiden; dazu könnten und müssten sie durch vertragliche Regelungen sicherstellen, dass der vorläufige Feststellungsentscheid befolgt werde. Das sei Ausfluss der grundrechtlich garantierten Vertragsfreiheit der Parteien und somit ihrer Privatautonomie.
Angesichts dieses offenen Meinungsstands müssen wir es in die Eigenverantwortung der Parteien legen, ob sie den nachfolgenden Abschnitt 3 des Buchs 4 anwenden wollen.
Diesen Hinweis haben wir im betreffenden Abschnitt der SOBau 2020 hinterlegt: https://sobau.de/schiedsrichterliches-verfahren/
Kriterien für Schlichtungs-/Schiedspersonen
Grundsätzlich können jede Rechtsanwältin und jeder Rechtsanwalt von den Parteien als Schlichtungsperson oder Schiedsperson nominiert werden. Daneben unterhält die ARGE Baurecht auf sobau.de eine Liste, in der interessierte Parteien nach Schlichtungspersonen suchen können. Im Zuge der Überarbeitung der SOBau 2020 haben wir transparente Kriterien für die Aufnahme in diese Liste und den Verbleib auf dieser Liste wie folgt neu definiert:
- Zulassung zur Anwaltschaft seit mindestens sieben Jahren,
- Führen des Titels „Fachanwältin/Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht“,
- Mitgliedschaft in der ARGE Baurecht im Deutschen Anwaltverein (DAV),
- Besuch mindestens eines Schlichtungsseminars der ARGE Baurecht im DAV.
Unabhängig von der Aufnahme in die Schlichterliste kann nach der SOBau auch zukünftig jede Rechtsanwältin/jeder Rechtsanwalt als Schiedsperson tätig werden, die/der „mindestens zehn Jahre Berufserfahrung im Bau- und Architektenrecht vorweisen“ kann.
Die neue Schlichtungsausbildung
Die SOBau 2020 ist eine vollständig überarbeitete und aktualisierte Neufassung. Dementsprechend war auch eine umfassende Überarbeitung der Schlichtungsausbildung erforderlich. Diese ist nun nahezu abgeschlossen, und wir können in absehbarer Zeit wieder Schlichtungsseminare anbieten.
Wir informieren rechtzeitig, sobald die Termine feststehen. Sie können sich unabhängig davon auch in die Interessentenliste eintragen lassen. Wenn Sie dies wünschen, schicken Sie einfach eine E-Mail an sobau@arge-baurecht.com.