Lösung für Baustreitigkeiten: Schiedsrichterliche Verfahren nach SOBau
02.06.2020 – Gerichtsprozesse vor staatlichen Gerichten dauern lange, sind dadurch teuer und ineffizient. Eine Lösung für Baustreitigkeiten bieten schiedsrichterliche Verfahren nach der SOBau 2020. Auch private Bauherren kommen so schneller zu ihrem Recht.
Mediation, Schlichtung, Schlichtungs- und Schiedsgutachten sind bewährte Verfahren der Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten, kurz: SOBau. Nicht immer lassen sich mit Hilfe dieser Instrumente Streitigkeiten am Bau lösen. Es gibt Fälle, bei denen der Ausspruch „es reicht!“ gilt und eine richterliche Entscheidung, ein Urteil erforderlich wird. Diese richterliche Entscheidung kann auch in Form eines Schiedsspruchs eines Schiedsgerichts nach dem 4. Buch der SOBau 2020 erfolgen.
Prozesse vor staatlichen Gerichten kosten Zeit, Geld und Nerven.
Gerichtsprozesse fordern die Bereitschaft für ein Verfahren, das unter der Leitung von Richterinnen oder Richtern steht, die häufig Rechts‑, aber keine Fachkenntnisse haben, die nicht erfassen, welche Probleme am Bau auftreten, welche Tricks Bauunternehmer anwenden, wie technische Zusammenhänge zu bewerten sind, wie man Sachverständige sinnvoll auswählt, anleitet und deren Gutachten bewertet.
Viele Gerichte haben nicht genug qualifizierte Richterinnen oder Richter für Bauprozesse. Und die, die es gibt, etwa in Baukammern, sind häufig in Großverfahren gebunden. Diese Umstände verleiten immer wieder vertragsbrüchige Bauunternehmen zu der Aussage „dann verklag mich doch!“ In der oft zutreffenden Annahme, dass sie das Problem auf die lange Bank geschoben haben und am Ende der private Bauherr, erschöpft vom langen Prozess, einem Vergleich, einem oft faulen Kompromiss notgedrungen zustimmt.
SOBau 2020 – zügige abschließende Entscheidung durch spezialisierte Schiedspersonen
Viele Bauherren wissen gar nicht, dass sie ein schiedsrichterliches Verfahren nach der SOBau 2020 durchführen können, wenn Sie mit ihren Vertragspartnern die Geltung der SOBau 2020 vereinbaren. Hauptvorteil dieses Verfahrens: Es entscheiden im Baurecht erfahrene Schiedspersonen, die von den Parteien übereinstimmend ausgewählt werden.
Schiedsverfahren führen in der Regel schneller als Prozesse vor staatlichen Gerichten zu einer sachgerechten bindenden Entscheidung.
Und diese Entscheidung ist am Ende, obwohl von einem privat vereinbarten Schiedsgericht getroffen, genauso wie ein Urteil eines staatlichen Gerichts vollstreckbar.
Schiedsverfahren werden in aller Regel straffer geführt, und sie haben einen abschließenden Effekt, der für Rechtsfrieden sorgt, dabei in seiner Tragweite von den beteiligten Rechtssuchenden allerdings wohl bedacht werden will: Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist abschließend.
Lösung für Baustreitigkeiten: Schiedsrichterliches Verfahren nach SOBau
Ein schiedsrichterliches Verfahren nach dem 4. Buch der SOBau 2020 wird dann durchgeführt, wenn die Parteien das vereinbaren. Mit Verbrauchern, also privaten Bauherren, muss diese Vereinbarung gemäß § 1031 Abs. 5 ZPO schriftlich erfolgen. Das kann jederzeit geschehen: bei Abschluss des Bauvertrags, bei Baubeginn, auch während der Baumaßnahme oder auch nach deren Abschluss, wenn sich ein Konflikt zeigt. Erfahrungsgemäß kommt eine nachträgliche Vereinbarung nicht mehr zustande, wenn eine Partei kein Interesse daran hat, einen Streit schnell entschieden zu bekommen.
Haben sich die Fronten verhärtet – will etwa der Bauunternehmer nicht einsehen, dass er für aufgetretene Mängel verantwortlich ist –, dann wird er kaum zur Vereinbarung eines schiedsrichterlichen Verfahrens bereit sein, wenn er damit rechnen muss, dass dieses schnell zu einer abschließenden verbindlichen Entscheidung führt, die ihn zur Mangelbeseitigung, Schadensersatz etc. verurteilen wird. Gleichwohl sollte diese Möglichkeit jederzeit in Betracht gezogen werden. Kommen Mediation, Schlichtung, Schlichtungs- oder Schiedsgutachten nicht in Betracht und verständigen sich die Parteien nicht auf ein privates schiedsrichterliches Verfahren, dann bleibt nur der Weg zu den staatlichen Gerichten.
Besonderheiten des schiedsrichterlichen Verfahrens
Verfahren der SOBau 2020 unterscheiden sich in der Struktur kaum von den Prozessen vor den staatlichen Gerichten. Allerdings muss sich jede Partei anwaltlich vertreten lassen, anders als bei Streitigkeiten vor Amtsgerichten, wenn es um bis zu 5.000 EUR geht.
Die Parteien verständigen sich auf eine kompetente Schiedsperson, die in der Lage ist, das Verfahren zügig durchzuführen. Schiedspersonen sind in der Regel Baurechtsanwältinnen oder ‑anwälte oder im Baurecht erfahrene Richterinnen oder Richter. Private Schiedsrichter sind durchgängig besser organisiert als staatliche Gerichte.
Bei Streitigkeiten mit einem Streitwert bis zu 100.000 EUR besteht das Schiedsgericht aus einer Schiedsperson, bei höheren Streitwerten aus drei Schiedspersonen, § 13 SOBau 2020. Ein Dreierschiedsgericht wird in der Weise bestellt, dass jede Partei eine – natürlich in der Sache unbefangene und zur Neutralität verpflichtete – Schiedsperson benennt und diese beiden Schiedspersonen dann ihrerseits eine/n Vorsitzende/n gemeinsam bestellen, die oder der als Vorsitzende/r des Dreierschiedsgerichts das Verfahren leitet.
Können sich die Parteien nicht auf die Schiedsperson einigen, dann erfolgt die verbindliche Bestellung durch die Präsidentin des Deutschen Anwaltsvereins.
Das Schiedsgericht übernimmt das Verfahren und leitet es im Prinzip genauso wie einen Prozess vor einem staatlichen Gericht, allerdings schneller und zielstrebiger als staatliche Gerichte: Die Parteien werden aufgefordert, schriftlich den Sachverhalt vorzutragen, Beweismittel anzubieten, und das Schiedsgericht lädt zu einer möglichst frühen ersten mündlichen Verhandlung.
Der Ort dieser mündlichen Verhandlung kann in Abstimmung der Beteiligten frei gewählt werden. Das kann, wenn hilfreich, am Bauvorhaben sein. Oft finden die Verhandlungen in einer Anwaltskanzlei statt, insbesondere bei anwaltlichen Schiedspersonen. Mitunter werden auch Gerichtssäle (z. B. am Nachmittag) oder Tagungsräume, etwa in Hotels, angemietet. Flexibilität im Interesse der Verfahrensbeteiligten ist die Maxime.
In der mündlichen Verhandlung werden zunächst die Möglichkeiten einer gütlichen Streitbeilegung ausgelotet. Führt dies nicht zu einer Einigung, einem Vergleich, dann legt das Schiedsgericht seine bisherige vorläufige Rechtsmeinung dar und ordnet, soweit erforderlich, eine Beweiserhebung an. Das Schiedsgericht kann Zeugenanhörungen, Sachverständigengutachten und die Vorlegung von Urkunden anordnen. Es kann – im Auftrag und auf Rechnung der Parteien – Sachverständige auswählen und beauftragen, die den streitigen Sachverhalt aufklären und etwa vorhandene Mängel, Mangelbeseitigungskosten etc. aufklären und in Gutachten darstellen. Auch hier zeigt sich ein Vorzug des Schiedsgerichtsverfahrens: Schiedspersonen, die im Rahmen der SOBau 2020 tätig werden, sind im täglichen Geschäft mit Baurechtsstreitigkeiten befasst und kennen daher geeignete Sachverständige, die als Gutachter Sachverhalte qualifiziert begutachten können.
Schiedsspruch = Urteil
Bei Entscheidungsreife urteilt das Schiedsgericht wie ein staatliches Gericht. Die Entscheidung heißt Schiedsspruch. Im Schiedsspruch wird der Tatbestand dargestellt; die Entscheidungsgründe führen aus, auf welchen rechtlichen Erwägungen die Entscheidung gründet, warum welche Beweise wie gewertet wurden; die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits wird festgelegt. Einigen sich die Parteien durch beiderseitiges Nachgeben auf einen Vergleich, dann heißt dieser Vergleich „Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut“.
Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs
Meist akzeptiert die unterlegene Partei den Schiedsspruch und erfüllt diesen. Tut sie das nicht, dann muss die obsiegende Partei diesen zwangsweise durchsetzen. Da das Schiedsgerichtsverfahren einen privaten Schiedsgerichtsweg darstellt, kann die obsiegende Partei nicht sofort die Zwangsvollstreckung einleiten. Zuvor muss die die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beim Oberlandesgericht (OLG) beantragt und erwirkt werden. Das OLG entscheidet nach Anhörung der unterlegenen Partei recht schnell und erklärt – in der Regel – den Schiedsspruch für vollstreckbar. Das OLG überprüft dabei nicht die Entscheidung des Schiedsgerichts in der Sache. Es ist also keine (verdeckte) Berufungsinstanz. Es überprüft nur, ob das Verfahren ordnungsgemäß geführt, insbesondere rechtliches Gehör gewährt wurde, und keine grob rechtswidrige Entscheidung entgegen den Grundsätzen des ordre public erging. Schiedssprüche werden selten aufgehoben. In der Regel erklärt das OLG die Entscheidung für vollstreckbar. Dann ist diese Entscheidung Grundlage der Zwangsvollstreckung durch staatliche Vollstreckungsorgane.
Risiken und Nebenwirkungen
Welche Nachteile und Risiken gibt es? Schiedspersonen werden nicht nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) abhängig vom Streitwert entlohnt, sondern regelmäßig nach Zeitaufwand. Bei intensivem Streit über einen niedrigen Streitwert können die Kosten des Schiedsgerichts deutlich über den Kosten eines staatlichen Gerichts liegen.
Allerdings ist zu beachten, dass Entscheidungen des Schiedsgerichts schnell, abschließend und bindend sind. Es gibt keine Berufung oder Revision gegen diese Entscheidung. Für die obsiegende Partei ist das schön, der Fall ist dann abgeschlossen.
Wer aber mit der Entscheidung des Schiedsgerichts nicht glücklich ist, hadert möglicherweise mit dem Umstand, dass keine Berufungsinstanz zur Verfügung steht. Wenn man sich darauf aber von vornherein einstellt und weiß, dass dieser Weg zu einer Entscheidung in einer Instanz führt und man bereit ist, das dann zu akzeptieren, und das beste tut, um eine akzeptable Entscheidung herbeizuführen, auch wenn sie zum eigenen Nachteil ausfällt, dann führt dies zum Rechtsfrieden. Die Akzeptanz dieser Entscheidung, auch wenn man sie nicht mag, ist höher, wenn und weil sie durch Personen getroffen wird, die man aufgrund ihrer Sachkunde und Qualifikation für geeignet hält, Baustreitigkeiten abschließend und verbindlich zu entscheiden.
Die SOBau 2020 bietet mit dem 4. Buch ein hervorragendes Instrument, um Konflikte am Bau abschließend und verbindlich zu entscheiden und Rechtsfrieden herzustellen.